Jeder Mensch verliert täglich Haare - das ist ganz natürlich“, kann Professor Dr. Jörg Schelling Entwarnung für alle geben, die in jedem verlorenen Haar gleich einen Vorboten größeren Schwundes sehen. „Haare sind kein festes Organ, sondern einem Wachstumszyklus unterworfen, an dessen Ende ein Haar aufhört zu wachsen und ausfällt“, erklärt der Allgemeinmediziner und Vorstandsmitglied des Bayerischen Hausärzteverbandes. Die Faustregel lautet: Haarverlust von 70 bis 100 Exemplaren pro Tag sind normal. „In der Regel wächst das wieder nach“, kann er beruhigen. Selbst, wenn es zeitweise mehr sein sollten, sei das noch nicht unbedingt ein Grund zum Haare-Raufen. Als Experte beim „Gesundheitsgespräch“ im Bayerischen Rundfunk erklärte Prof. Dr. Schelling, wann der stärkere Haarverlust harmlos ist und wann man deswegen in die hausärztliche Praxis gehen sollte. Was häufig hinter dem Haarverlust steckt „Ein starker Haarausfall kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden“, so der Experte. Stress zum Beispiel kostet uns nicht nur Nerven, sondern auch gern mal ein paar Federn mehr. Das liegt daran, dass die Stresshormone, die der Körper in Krisensituationen vermehrt bildet, die aktive Wachstumsphase der Haare verkürzen und sie frühzeitig in die Ruhephase übergehen lassen. Dadurch fallen sie aus, bevor sie neu nachwachsen können, Die Mähne lichtet sich. „Die gute Nachricht ist, sobald sich die auslösende Situation wieder entspannt, wachsen die Haare wieder nach“, sagt Prof. Dr. Schelling. Ein Besuch der hausärztlichen Praxis ist in diesen Fällen nicht zwingend nötig. Auch nicht bei genetisch bedingtem Haarausfall. „Mit dem, was uns in die Wiege gelegt ist, müssen wir uns in diesem Fall leider abfinden“, sagt er. Wann Sie hausärztlichen Rat brauchen Anders ist die Lage bei Infektionen und Autoimmunerkrankungen. Auch sie können zu Haarverlust führen. Ob er vorübergehend ist oder nicht, entscheidet sich dadurch, inwieweit die Kopfhaut in Mitleidenschaft gezogen wird. Vernarbend oder nicht vernarbend ist in diesem Fall spielentscheidend. „Daher sollten Sie möglichst früh Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt einbeziehen. Ansonsten riskiert man, dass sich anstelle gesunder Kopfhaut Narbengewebe bildet, wo kein Haar mehr wachsen kann“, so Prof. Schelling. Beim Vernarben kommt es zu einer Zerstörung der Haarfollikel, die man nicht rückgängig machen kann. Zu Behandlung und Linderung der Beschwerden stehen eine Reihe von entzündungshemmenden Salben, Lotionen oder auch Medikamenten zur Verfügung. „Da verfügen wir über ein sehr breites Spektrum“, sagt der Allgemeinmediziner. In der hausärztlichen Praxis könne auch untersucht werden, ob nicht doch ein gesundheitliches Problem hinter dem Haarverlust steckt, von dem der Betroffene bislang nichts wusste. „Schließlich sind Haare viel mehr als nur ein Schönheitsmerkmal. Sie sind auch ein Spiegel unserer inneren Gesundheit. Deshalb gehört der Ausschluss einer Stoffwechselerkrankung, Schilddrüsenerkrankung oder auch von Diabetes gehört bei der Untersuchung unbedingt dazu“, sagt Prof. Dr. Schelling. Was wirklich hilft Die Investition in Antihaarausfall-Lotionen oder Koffeinshampoos könne man sich sparen, da Studien keinerlei Nutzen durch Anwendung solcher Produkte nachweisen konnten. Nahrungsergänzungsmittel, die mit Vitaminen, Enzymen und Spurenelementen zur Förderung der Gesundheit von Haut, Haaren und Nägeln werben, hält er auch nicht unbedingt für empfehlenswert. „Zink, Selen und bestimmte Vitaminkomplexe wie Biotin spielen sicherlich eine Rolle für ein gesundes Haarwachstum. Doch durch eine gesunde ausgewogene Ernährung sollte für eine ausreichende Versorgung damit gesorgt sein“, stellt der Allgemeinmediziner fest. |
Haarausfall: Häufig harmlos – wann Sie handeln sollten

Nicht immer droht der Kahlschlag, wenn mehr Haare ausfallen als gewohnt. Bei bestimmten Begleiterscheinungen sollten Sie jedoch in Ihre hausärztliche Praxis gehen.