Wenn Essen zum Wagnis wird

Blähungen, Bauchschmerzen, Ausschläge – für immer mehr Menschen wird das Essen wegen Unverträglichkeiten oder Allergien zum Wagnis.

Erdnüsse gehören zu den potentesten Allergenen - allerdings haben sie durch ein neues Präparat viel von ihrem Schrecken verloren. (Foto: liz.v. BHÄV/adobe/KI)

Allergie oder Unverträglichkeit? In der Reihe „Gesundheitsgespräch“ des Bayerischen Rundfunks erklärt Prof. Dr. Jörg Schelling, Allgemeinmediziner und Beauftragter für Wissenschaft und Forschung des Bayerischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes die Unterschiede.

„Auch, wenn sich die Symptome teilweise gleichen, sind die Prozesse dahinter ganz unterschiedlich, stellt Prof. Dr. Jörg Schelling grundsätzlich fest: Es geht dabei um Mangel und Überschuss.

Im Fall der Intoleranz fehlen bestimmte Enzyme im Darm, die die Aufnahme oder Verdauung von gewissen Nahrungsbestandteilen vermindern. Zum Beispiel kann der Körper bei Laktoseintoleranz wegen fehlender Enzyme Milchzucker nicht ausreichend zügig abbauen. Diese werden dann von den Darmbakterien zu Abbauprodukten zersetzt, die die Beschwerden hervorrufen können. „Wenn sich Bauchschmerzen oder Durchfall nach dem Essen eines bestimmten Nahrungsmittels einstellen, dann ist das in den meisten Fällen ein Hinweis auf eine nichtallergische Unverträglichkeit“, so Prof. Dr. Schelling.

Dagegen handelt es sich bei einer Nahrungsmittelallergie um eine überschießende Reaktion des Immunsystems. „Unser Immunsystem ist dafür da, Krankheitskeime zu bekämpfen, um einem Angriff etwas entgegenzusetzen. Diese Angreifer sind in diesem Fall aber keine Viren oder Bakterien, sondern ein Bestandteil des Nahrungsmittels, das der Körper irrtümlicherweise als gefährlich einordnet“, erklärt der Allgemeinmediziner.  Die Beschwerden sind individuell unterschiedlich. Sie können von einem leichten Juckreiz und Schwellungen der Haut und der Schleimhäute über Niesattacken und Atemnot bis hin zum lebensbedrohlichen Kreislaufkollaps reichen.

„Deshalb ist es wichtig, die allergischen Beschwerden frühzeitig zu erkennen und zu therapieren“, lautet sein Rat.  Allergietests werden zum Beispiel von Ärztinnen und Ärzten mit der Zusatzbezeichnung Allergologie angeboten.  Eine große Rolle bei der Therapie spielen Medikamente, die die irregeleitete Immunantwort bremsen. „Man kann aber auch eine Hyposensibilisierung in Erwägung ziehen, bei der das Immunsystem schrittweise an die Allergieauslöser gewöhnt wird“, nennt er eine weitere sinnvolle Option.

In diesem Zusammenhang hat er gute Nachrichten für alle, die gegen Erdnüsse allergisch sind. „Gegen die Erdnussallergie gibt es seit kurzer Zeit ein entsprechendes Präparat“, so Prof. Dr. Schelling. Auch für Sesamallergiker sieht er „ein bisschen Hoffnung“, da derzeit einige vielversprechende Studien laufen. „Noch haben wir haben zwar kein einsatzfähiges Präparat, mittelfristig ist das aber zu erwarten“, ist er zuversichtlich. „Bis dahin müssen Betroffene weiterhin aufmerksam das Kleingedrückte auf den Verpackungen lesen“, lautet sein Rat für die Zwischenzeit.

Gute Nachrichten hat er auch für Menschen, die wegen einer Hühnereiweißallergie vor Grippeimpfungen wegen der Risiken zurückschrecken. „Dieses Problem gibt es in der Praxis nicht mehr, da wir inzwischen auch über Grippeimpfstoffe verfügen, die auf Zellkulturen gezüchtet wurden“, versichert Prof. Dr. Schelling, der auch Mitglied der bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Impfen (LAGI) ist.